Es ist überall, social media in the
air, everywhere.
Wenn du auf den Bus wartest, während du in der
Bahn sitzt, wenn du im Park liegst oder gerade aus der Dusche kommst.
Hinter der nächsten Ecke wartet das nächste rote Sprechbläschen,
das nächste grüne Häkchen oder das nächste blaue Däumchen.
Diese online Netzwerke umgeben uns längst und haben sich hinterlistig und ganz langsam, hartnäckig in unseren Alltag integriert.
Dass Maskentragen und Selbstdarstellung
sowie die Definition über „gefällt mir“ Klicks längst dazu
gehören, muss hier nicht nochmal diskutiert werden.
Fakt ist, ich, du, er, sie, es, wir,
ihr, sie sind umgeben von diesen undurchsichtigen Nebelschwaden des
Internets, die uns bis auf den letzten Fetzen ausziehen.
Ausziehen ist hierbei ein gutes
Stichwort, wollte ich doch über den Zusammenhang von Liebe und
sozialen Netzwerken schreiben.
Szenario A - Der gescheiterte
Schlussstrich
Du und dein Freund, ihr wollt nicht
mehr zusammen sein. So weit so gut.
Man trennt sich, beschließt den
Kontakt abzubrechen, egal ob es friedlich oder im Streit auseinander
ging, es war noch nie so schwer den Anderen zu vergessen wie in den
Zeiten der sozialen Netzwerke.
Wie einfach das früher gewesen sein
muss: Man löschte die Nummer im Steinzeittelefon, verbrannte in
Ritualform und unter Tränen die gemeinsamen Fotos, verbannte das
vergessene T-Shirt in die letzte Ecke im Schrank, auf dass es nie
mehr auftauchen sollte und verstaute alle Erinnerungen in Kisten.
Man hat sich dann nach Wochen im
Supermarkt oder auf dem Stadtfest zufällig getroffen und versucht
sich zwischen Cornflakesschachteln und Zuckerwatteständen zu
verstecken.
Heute kann jeder und sein Onkel diese
Fotos und Erinnerungen wieder hervorkramen. Auch wenn du das
eigentlich nicht willst.
Ein Klick auf die Startseite genügt
und du siehst deinen Verflossenen mit seiner neuen, durchtrainierten,
superhotten Freundin im Urlaub am Strand, verschlungen auf der Couch
beim DVD- Abend oder mit Lebkuchenherz auf dem Oktoberfest.
So sehr du es auch versuchst, du kannst
nicht weggucken, das verhält sich hier in der Regel so wie bei einem
schlimmen Verkehrsunfall.
In diesem Fall ist jeder ein kleines
bisschen Masochist.
Du kannst jeden noch so kleinen Schritt
verfolgen, siehst wie gut es ihm geht ohne dich.
Das tut weh. Egal ob noch Liebe im
Spiel ist oder ob es sich mehr um gekränkte Eitelkeit handelt. Jedes
Foto, jedes Like einer potentiellen neuen Freundin, jeder glückliche
Status (der nicht dich beinhaltet) ist ein heftiger Tritt in die
Magengegend.
Wer es wirklich schafft, da drüber zu
stehen, nicht aktiv die Seite des Expartners anzuklicken (nur um mal
eben zu gucken...) verdient größten Respekt.
Man sagt, die Zeit heilt alle Wunden, nur leider hat man da die Rechnung ohne das zeitlose Internet gemacht. Denn ein einziger Klick, eine einzige Tastenkombination, die seinen Namen schreibt, reißt die nie ganz verheilten Wunden wieder auf.
Szenario B – die hoffnungslose
Schwärmerei
In Zeiten vor den Sozialen Netzwerken
war alles so wunderbar romantisch.
Du hast ihn gesehen, deine Freunde gefragt ob sie ihn kennen, wer er ist, versucht ihn scheinbar zufällig wiederzutreffen, und wenn das dann passiert ist, hast du dich nicht getraut ihn anzusprechen. Man kritzelt Namen ins Notizbuch, malt sich das gemeinsame Leben in den buntesten Farben aus und schwebt auf Wolke sieben.
Du hast ihn gesehen, deine Freunde gefragt ob sie ihn kennen, wer er ist, versucht ihn scheinbar zufällig wiederzutreffen, und wenn das dann passiert ist, hast du dich nicht getraut ihn anzusprechen. Man kritzelt Namen ins Notizbuch, malt sich das gemeinsame Leben in den buntesten Farben aus und schwebt auf Wolke sieben.
Heute passiert das alles im
Turboverfahren. Party, einen gesehen, Namen rausgekriegt,
wahrscheinlich direkt am selben Abend noch via Facebook gesucht und
schwupps weiß man alles über den anderen.
Wo er letztes Jahr Skifahren war,
welche Klamotten er in seiner Abimottowoche getragen hat, vielleicht
sind auch Familienfotos dabei.
Dann kommen wieder die Zweifel.
Schreibe ich ihn an? Oder ist das peinlich? Du traust dich und
schreibst in den kleinen blauen Kasten ein einfaches „Hi“.
Dann wartest du kribbelig, klickst
ständig auf „aktualisieren“. Oh Gott, er hat die Nachricht
gesehen. Scheiße, warum antwortet er nicht?
Diese „Nachricht gesehen um...“
Funktion finde ich sowieso äußerst fraglich. Man hat zum einen
nicht mehr die Ausrede „Ups, ich hab deine Nachricht nicht gesehen,
war noch gar nicht online heute“ parat. Andererseits stellt man
sich eben diese quälende Frage: „Wenn er meine Nachricht doch
gelesen hat, warum zur Hölle antwortet er dann nicht?“
Ich finde, das ist es, was dem Ganzen
den Schwung nimmt.
Man sollte doch auch warten können,
warten wollen. Ist es nicht das, was das Kribbeln ausmacht?
Die Liebe wird so unglaublich
entschleunigt und deemotionalisiert durch die sozialen Netzwerke und
immer neue Möglichkeiten, alles über einen Menschen zu erfahren
ohne auch nur ein Wort gewechselt zu haben. Wieso den schweren ersten
Schritt machen und ihn ansprechen, wenn die Antwort nur einen Klick
entfernt liegt?
Aber verlieben wir uns nicht in
Menschen und nicht in blauleuchtende holografische Abbildungen ihrer
selbst?
Und avanciert die Beziehung nicht zu
einem social Media Statussymbol?
Und gerade das ist es, was es so
gefährlich macht.
Geht raus und lasst es auf euch regnen.
Gefühle sind echt und spielen sich nicht auf Displays und
Bildschirmen ab. Klar ist es nicht immer wie im Hollywoodstreifen,
aber ist es nicht diese Unsicherheit, die alles so besonders macht?
Liebe gehört zum Leben. Schmerz gehört zur Liebe wie Wolken zum
Himmel. Man muss lernen, damit umzugehen und diese durchsichtige
Internetblase macht es einem sicherlich nicht leichter.
Es gibt viele fatale Facetten in diesem pseudosozialen Sumpf namens Internet.
Ein schlauer Poet namens Andy Strauß
sagte mal sehr treffend:
„Wenn ihr glaubt, dass der gläserne Mensch zerbrechlich ist, warum ersetzt ihr dann Tag für Tag für Tag eure schöne Haut durch Fiberglas?“
„Wenn ihr glaubt, dass der gläserne Mensch zerbrechlich ist, warum ersetzt ihr dann Tag für Tag für Tag eure schöne Haut durch Fiberglas?“
Liebt euch. Aber macht es richtig.
4 Kommentare:
wundererbarer text
Toll geschrieben. Von wem Du dieses Talent nur hast?!
weiter so, das ist gut Madame!!!
Danke, dass du allen Herzen die Augen öffnest!
Tja, das waren noch Liebesgeschichten bei unseren omas und opas..
Deine Taizé-Freundin.
Sehr treffend geschrieben. Du hast wirklich Talent und deine Texte sind fesselnd. Vielleicht weil du grade das Beschriebene mitmachst.
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